top of page

USA hautnah

  • metzgabriele
  • 9. Mai
  • 7 Min. Lesezeit

Tuscaloosa Stadium / A-Day Crimson Tide
Tuscaloosa Stadium / A-Day Crimson Tide

Ich versprach euch, mich zu melden, sobald die Ersatzteile da sind. Da habe ich mich wohl weit rausgelehnt, wie wir es in Österreich nennen.

Seit diesem Versprechen sind 4 Wochen vergangen! Es tut mir leid. Aber ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht geahnt, dass die Reparatur eines Verteilergetriebes sooo aufwändig und anstrengend sein würde! Da blieb keine Zeit und keine Geduld zum Bloggen ...


Zuerst verbrachten wir die Wartezeit auf die Ersatzteile mit der Reinigung aller, wieder in MEMO einzubauenden Teile - jeder einzelnen Schraube! Die Ersatzteile kamen dann nicht, wie gelegentlich prophezeit innerhalb von 4 Tagen, sondern nach 10 Tagen. Nach weiteren 10 Tagen war das Werk vollbracht und das Verteilergetriebe eingebaut. Klingt voll locker, war aber echt harte Arbeit! Manches klappte nicht so einfach wie gedacht und zu allem Überfluss stellten wir dann auch noch fest, dass an einer Stelle des Verteilergetriebes, mit der wir bis dahin nichts zu tun gehabt hatten, ein Simmering nicht dicht war. Das war ein sehr zermürbender Moment! Eine weitere Reparatur stand an :(

Schaut euch die Details auf Facebook an. Michael hat alles schön fest gehalten, damit wir voll der Ehrfurcht immer an diese harte Zeit erinnert werden und die Zeit, in der alles wie am Schnürchen läuft, erst wirklich genießen können ;)

Hier ein kleiner Einblick in Michaels Arbeit:

Und häufig mussten wir im Regen unter MEMO verharren :D


Für Michael waren diese Tage besonders anstrengend. Ich brauche euch nicht zu erklären, dass meine Hilfestellung nur marginal sein konnte. Michael bewerkstelligte praktisch alles allein. Das führte so weit, dass er gegen Ende der Arbeiten über Schwindel klagte. Wie sich herausstellte, hatte er es mit Lagerungs-Vertigo zu tun. Kein Wunder - schließlich lag er fast durchgehend unter dem Truck und musste selbstverständlich ständig den Kopf in jede erdenkliche Richtung bewegen, um den Überblick zu haben. Zum Glück ist dieser Zauber wieder ziemlich vorüber :)

"USA hautnah"

Insgesamt verbrachten wir festgenagelt in Tuscaloosa 5 Wochen. Wir haben in dieser Zeit viel gelernt über die USA und US-amerikanischen Alltag. Wir haben eines fest gestellt - was man und frau aber an sich eh weiß: Es sind zwei verschieden Paar Schuhe, Urlaub zu machen in einem Land und es also als TouristIn zu erleben, oder sich abseits touristischer Pfade zu bewegen. In unserem Fall hieß das:

1 Aus Memo aus- und in ein Hotel einziehen. Und zwar in eines, wo du "extended stays" buchen, also längere Zeit wohnen bleiben kannst, ohne dabei bankrott gehen zu müssen. Uns verschlug es ins InTown Suites in Tuscaloosa, 5 Minuten von unserem MEMO-Reparaturplatz entfernt. Mit dem Kleinmotorrad. Wir pendelten also mit unserer Liberty zwischen MEMO und dem InTown hin und her. Bei Wind und Wetter, bei Kälte und Hitze. Die Liberty, so die Bezeichnung für unsere Piaggio, hätte sich wohl niemals gedacht, dass sie so sehr zum Einsatz kommen würde auf dieser unserer Reise. Wir übrigens auch nicht :D Wir fuhren damit natürlich auch einkaufen: Lebensmittel. Getränkepaletten, Eisenstangen, Holzlatten, und, und, und! Welch treue Dienste dieses Fahrzeug und erwies, wussten wir die ganze Zeit über sehr zu schätzen!

Tuscaloosa Bahnhof :D
Tuscaloosa Bahnhof :D

Und was hat die ganze Erzählung hier nun mit USA hautnah zu tun? Du glaubst nicht, was du in so einem "extended stay" alles erlebst! Das sind Orte, wo nicht nur Handelsreisende absteigen und sonstige Menschen, die beruflich mehrere Tage oder Wochen an einem Ort fernab des Zuhauses verbringen müssen. Das sind Orte, wo Menschen aus den verschiedensten Gründen "stranden". Wir haben ein junges Paar erlebt, das wohl von zu Hause abgehauen und dort nicht (mehr) erwünscht war. Wir haben nächtliche Streitereien zwischen Paaren erlebt, die sich gerade in Trennung befanden. Bei uns würde man sie "wegweisen", also mit einem Betretungsverbot versehen, um gewalttätigen Handlungen möglichst präventiv entgegen zu wirken. Wir haben einen Motorradfahrer erlebt, der sich daran gestoßen hat, dass wir unsere Liberty in die unmittelbare Nähe seines Fahrzeugs parkten. "Wir mögen es unterlassen, in seiner Nähe zu parken" lautete die Botschaft, die er uns auf einem Zettel übermittelte.

Aber wir konnten großteils recht gut schlafen in unserer Dependance. Das lag aber vielleicht daran, dass die Luft am ganzen Hotelgelände und auf den Gängen angereichert war mit wertvollstem (?) Marihuana-Duft :D


2 Wir stellten auch fest, dass US-amerikanische Zuggarnituren leicht und locker mal aus über 100 Waggons bestehen und dass diese ihre Annäherung an KFZ-Bahnübergänge seeehr lautstark mit seeehr ausgedehntem Getröte ankündigen. Und da es in Städten wie Tuscaloosa nicht nur einen Bahnübergang gibt, trötet sich der Lokführer frisch fröhlich mit einem ausgedehnten Dauerton durch das Ortsgebiet. Mehrmals in der Nacht! Das holt einen Bären aus dem Winterschlaf, sage ich euch. Und in Wirklichkeit ist diese "Sicherheitsmaßnahme" eine bodenlose Frechheit und Respektlosigkeit den Bewohnern und Bewohnerinnen gegenüber!

Abgesehen davon, dass sich diese Transportzüge teilweise in schwindelerregender Höhe auf maroden (?)Brücken bewegen!


Aber Amerikanerinnen und Amerikaner müssen ohnehin sehr viel Lärm aushalten. Auch der massive KFZ-Verkehr mit Fahrzeugen, die vielfach nach dem Wettbewerbsmotto "laut-lauter-am lautesten" unterwegs sind, ist für unsere Ohren echt gewöhnungsbedürftig :D


3 Fußgängerinnen und Fußgänger haben es in den USA echt schwer! Nehmen wir dieses Beispiel: Angrenzend an den Verweilort unseres MEMO befand sich eine Schule, namentlich die "Alberta School Of Performing Arts".

Was du da erlebst ist nur in den USA alltäglich: Wenn der Unterricht endet, fahren KFZ in zwei Spuren vor und verursachen in der gesamten Umgebung Riesenstau weil - ja, weil die Kids abgeholt werden müssen.

Kinder bis 14 Jahren dürfen (zumindest nach den Infos, die ich erhielt und zumindest in Alabama) nicht alleine von der Schule nach Hause gehen, auch wenn sie praktisch um´s Eck wohnen würden. Die meisten aber wohnen nicht um`s Eck. Die Einzugsgebiete der Schulen sind riesig, da gibt es kein Zufußgehen. Auch deshalb nicht, weil der US-KFZ-Verkehr absolut FußgängerInnen-untauglich ist! Es gibt kaum Gehsteige, keine Gehwege, keine Radwege, kaum Zebrastreifen zum Queren der Fahrbahn. Würden eh nix nützen, weil auf der anderen Straßenseite die Situation für Fußgängerinnen und Fußgänger keinen Deut besser ist.

Wisst ihr, da denke ich mir schon: Schön haben es unsere Kinder in Europa, die fußläufige Schulwege haben und deren Eltern sie diese auch nutzen lassen. Und was ich mit noch denke: Da können wir uns in Europa bemühen, was wir wollen, "das Klima zu retten" - in den USA wird dem ja geradezu entgegen gewirkt :(


4 Wir haben aber auch gelernt, dass Menschen, die sich aus beruflichen Gründen einige Jahre in den USA aufhalten, sehr gerne Kontakt mit "Zugereisten" wie uns haben, die sich zu echten Freundschaften entwickeln. Lars und Sabine zum Beispiel, die uns schon auf der ersten Etappe unserer Reise in Florida "gestalked" :D hatten, und die ausgerechnet in Tuscaloosa leben, haben sofort mit uns Kontakt aufgenommen, uns zu sich zum Grillen eingeladen, zum Schwimmen in ein Sportzentrum mitgenommen und uns ihre Stadt von der intellektuellen Seite gezeigt: Die University of Alabama hat hier einen riesigen Stellenwert und schmückt ein Riesenareal der Stadt mit den schönsten Universitätsgebäuden, die ich je sah!

Das Areal gesamt ist wunderschön und hier scheinen sich nur glückliche junge Menschen zu bewegen. Auch wenn hier einige Schlagende Burschenschaften daheim sind.



5 Auf diesem Gelände befindet sich auch eines der größten Stadien der USA. Hier ist das Footballteam "Crimson Tide" beheimatet, frei übersetzt, die Rote Welle. Wir hatten das unglaubliche Glück an einen kostenlosen Event im Stadion teilzunehmen, wo zwei Teams der Crimson Tide für Trainingszwecke gegeneinander antraten. A-Day nennt sich das Event und es ist ein echtes Schauspiel! Danke, dass du uns den Besuch des Events so sehr nahe gelegt hast, lieber Robert ;) Die Universitätsband spielte groß auf, die Cheerleader zeigten ihr volles Programm und die Menschen jubelten. Wir jubelten nicht aus freien Stücken, sondern nur mit den anderen mit, weil wir bis heute noch nicht wirklich verstanden haben, wie dieses Spiel funktioniert :D

Aber es war großartig! Das zu erleben war ein Geschenk!

"Brot und Spiele - panem et circenses" wusste bereits das alte Rom einzusetzen, um die Stimme des Volks für sich zu gewinnen ...


6 Aber Brot und Spiele spielt´s leider nicht für alle Menschen in den Vereinigten Staaten.

In Tuscaloosa liegen arm und reich, bildungsnah und bildungsfern ganz nah beisammen. Relativ genau je die Hälften der Bevölkerung sind weiß und schwarz. Und man und frau muss keine besonderen hellseherischen Fähigkeiten besitzen, um zu erraten, welcher Part der Bevölkerung die besseren Chancen auf ein gutes Leben hat.

In einer Mall, die sich "University-Mall" nennt, kannst du wirklich günstig Fastfood haben. Da triffst du fast nur den Teil der Bevölkerung, der mit Chancen und Möglichkeiten weniger gesegnet ist. Wir, die wir im Vergleich tatsächlich auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, haben uns gerne unter´s Volk gemischt und einige Male dort gegessen. Wir haben uns in den "Wok"-Laden verliebt, weil es da wirklich lecker war :)


7 Wir konnten auch einen Einblick in nordamerikanische Gepflogenheiten in der Arbeits- und Berufswelt gewinnen. Wir stellten fest, dass es wenig Fachleute gibt, dass die Arbeitsgeschwindigkeit häufig mit jener Europas nicht mithalten kann, dass teilweise ziemliche Unordnung herrscht. Wir sahen einige Unternehmen, wo Arbeitsmoral und Zuverlässigkeit wirklich zu wünschen übrig ließen. Auf ernst zu nehmende Hilfe bei der Suche nach bestimmten Artikeln wartet man/frau gelegentlich vergeblich, versprochene Rückrufe fanden selten statt. 8 Dass du es in den USA schwer hast, wenn du ein Kaffeehaus in guter alter österreichischer Manier finden willst, ist glaube ich hinlänglich bekannt. Öffnungszeiten von Lokalen, geben dir dann den Rest :D Den Fotos unten ist nichts mehr hinzuzufügen - außer vielleicht ein Kopfschütteln ;)



Resümee: Es MUSS ja auch Schattenseiten von Leben in den USA geben, sonst würden urlaubende Menschen womöglich gar nicht mehr raus wollen aus den Staaten :D


Wir wissen nun: Es gibt vieles, was uns wieder nach Hause zieht! Es ist nicht nur die Familie!

Das nächste Mal erzähle ich euch von der Fortführung unserer Reise!

Endlich! Wieder im freien Straßenverkehr ;)

Meldet euch zur Newsmail an, damit ihr informiert werdet, wenn es soweit ist:



3 comentários


Convidado:
14 de mai.

Der Stoff, aus dem die Abenteuerreisen sind! Ihr habt Euch wirklich tapfer geschlagen und man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben. Habe jeden Tag bisher an Euer Getriebe gedacht....Ja keine schlechten Nachrichten mehr, denn Ihr habt Euch jetzt eine problemlose Weiterreise verdient. Schöne, glaubhafte Beschreibung der Zustände in der "größten Nation der Welt" (die ja immerhin fast 6% der Weltbevölkerung repräsentiert!! Die mißverstehen da irgendwas). Trotzdem ein unglaublich tolles Land. Liebe Grüße, Uli & Peer

Curtir

Convidado:
10 de mai.

Hallo Ihr 2! Nichts geschieht ohne Grund 😊 auch für uns ist es ein wertvolles Geschenk, Euch getroffen zu haben. Wir ersehnen den Tag herbei, an dem unsere JONGILANGA startklar ist und wir endlich auf unsere Reise gehen dürfen. Und ich bin sicher, wir werden ein Stück gemeinsam fahren! Liebe Grüße Sabine & Lars aus Tuscaloosa!

Curtir

Michael
09 de mai.

Liebe Leserinnen und Leser!

Gabriele hat es sehr gut beschrieben, es fehlt, glaube ich, wirklich nichts!

Betonen möchte ich allerdings, hätte MEMO keinen Getriebeschaden erlitten, hätten wir DIESE Seite von Amerika nie erlebt.

Alle sind nett, alle sind so lieb, helfen tun dir definitiv aber nur Europäische Menschen, die entweder hier arbeiten, oder erst unlängst hierher ausgewandert sind!

Danke Pfadi-Robert, danke Wolfgang für die Zurverfügungstellung des Reparaturplatzes, danke Collin für die Zollabhandlungen usw., danke Lars und Sabine!

Wir fühlten uns bei euch wie zu Hause!

Einen herzlichen Dank an dieser Stelle auch an Sepp Pfleger von der Firma Indutec in Österreich, der uns die Ersatzteile sofort geschickt hat, danke auch an Peer Reeh, der mich immer nervlich und organisatorisch unterstützt…

Editado
Curtir
41684333_10216330876652043_8464512557590249472_n.jpeg

Wohin gehts als Nächstes - sei dabei!

Erfahre als Erstes, wenn es Neuigkeiten auf unserem Blog gibt. Wohin die nächste Reise geht und welche tolle Menschen wir dabei kennen lernen.

Du bist angemeldet.

bottom of page